Praktische Unterstützung für Asylbewerber und Flüchtlinge - Wie kann gelebte Willkommenskultur aussehen?

Veröffentlicht am 05.05.2015 in Veranstaltungen

Bei unserer Fachkonferenz „Von der Theorie zur Praxis“ Ende März 2015 haben wir uns in drei Foren mit folgenden Themen beschäftigt: Mit dem geplante Freihandelsabkommen TTIP und seinen möglichen Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung und die Daseinsvorsorge. Mit der Frage, wie man Inklusion jenseits der zumeist diskutierten baulichen Fragen in Unterricht und Schulalltag praktisch umsetzen kann. Und mit Beispielen aus der ehrenamtlichen Arbeit mit Flüchtlingen. Die wichtigsten Punkte aus dem letztgenannten Forum sind in diesem Artikel zusammengefasst.

In dem von unserem Landesvorstandsmitglied Christoph Beil moderierten Forum brachte Thomas Berger, Zentralstellenleiter aus dem Innenministerium und Stadtrat in Schorndorf, zu Beginn alle Anwesenden inhaltlich auf den gleichen Stand und berichtete von aktuellen Beschlüssen und Vereinbarungen auf Landesebene. Ganz aktuell konnte er von einer Vereinbarung zur Unterstützung lokaler Flüchtlingsarbeit berichten, wofür das Land im Nachtragshaushalt zwei Millionen Euro zur Verfügung stellen will. Mit diesem Programm will man Flüchtlingsarbeit vor Ort initiieren und gezielt fördern. Ziel ist es, das Engagement für Flüchtlinge landesweit besser zu strukturieren und damit für eine optimale Vernetzung des vorhandenen Know-Hows zu sorgen. Das Programm wird vom Sozialministerium koordiniert, weitere Bündnispartner sind das Integrationsministerium, die Kommunalen Spitzenverbände, Stiftungen und weitere zivilgesellschaftliche Gruppen.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltungen kamen vor allem die Praktikerinnen zu Wort. Judith Gremmelspacher, Mitglied im Kreisvorstand der AWO Karlsruhe und selbst äußert aktiv in der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe, berichtete vom umfangreichen Engagement der AWO in der Fächerstadt, die als Sitz der lange Zeit einzigen Landeserstaufnahmestelle (LEA) vor besonderen Herausforderungen steht. Im Sommer 2014 hat sich die AWO der Flüchtlingshilfe Karlsruhe angeschlossen, einem Zusammenschluss aus Organisationen, Vereinen, Arbeitskreisen und Einzelpersonen, die sich ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren. Darüber hinaus hat die AWO eine eigene Arbeitsgruppe „Willkommenskultur“ gegründet, die sich seit August 2014 alle drei bis vier Wochen tritt, um die aktuelle Situation der Flüchtlinge in Karlsruhe zu besprechen und die Arbeit zu koordinieren. Die Aufgaben, die die Ehrenamtlichen übernehmen, sind vielfältig. Sie sammeln Spenden, dolmetschen, geben Deutschunterricht oder sind einfach nur für die Flüchtlinge da. Bemerkenswert ist, dass sich sehr viele Menschen – ob AWO-Mitglied oder nicht - bereit erklären, sich im Rahmen der Flüchtlingshilfe bei der AWO einzubringen.

Ganz konkret engagiert sich die AWO in einer Außenstelle der LEA Karlsruhe, für die sie eine Patenschaft übernommen hat. Dort wohnen 70 Flüchtlinge, überwiegend sind es Familien. Mittlerweile finden an zwei Tagen in der Woche Sprachangebote statt, jeden Samstag ist der so genannte Willkommensnachmittag. Dieser ist ein niederschwelliges zur Kontaktaufnahme  und zum Austausch, an dem die Bewohner/innen des Hauses und die Helfer/innen teilnehmen können. Darüber hinaus werden die Flüchtlinge bei Terminen und Erledigungen unterstützt und mit Kleidung versorgt. Einmal im Monat gibt es einen Stammtisch für die Ehrenamtlichen zum Austausch. Das Angebot soll weiter ausgebaut werden

Während es in großen Städten und in den Stadtkreisen in der Regel belastbare Strukturen durch Sozialverbände und ähnliche Organisationen gibt, auf die man für die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit zurückgreifen kann, sind diese in Gemeinden und kleineren Städten oft nicht vorhanden. Also muss man selbst aktiv werden, wenn ehrenamtliches Engagement besser koordiniert und unterstützt werden soll. Aus diesem Grund hat sich Anfang 2014 der Freundeskreis Asyl in Ostfildern gegründet. Die Vorsitzende Andrea Koch-Widmann stellte uns in einem engagierten Vortrag die Entstehung und Arbeit dieses Zusammenschlusses vor.

Auf Initiative der Stadt haben aktive Bürgerinnen und Bürger ein Netzwerk ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist „Menschen zu unterstützen, die vor Krieg, Verfolgung und Unterdrückung geflohen sind. Man will den Flüchtlingen den Start in der Fremde erleichtern und hat ein breites Angebot aus Sprachunterricht, Begleitung/Dolmetschen etwa bei Arztbesuchen oder Behördentermine und Unterstützung bei der Freizeitgestaltung z.B. durch den Kontakt zu Vereinen zusammengestellt. Hierfür wurden verschiedene Arbeitsgruppen (Willkommen, Sprache, Alltagsbegleitung, Freizeit, Spenden, Paten) gegründet.

Sobald ein Flüchtling das Asylverfahren durchlaufen hat und klar ist, dass er in Deutschland bleiben wird, bekommt er beim Freundeskreis Unterstützung bei der Wohnungs- und Arbeitssuche uns bei der weiteren Integration. Zu diesem Zweck vermittelt man Paten(-familien), damit die Flüchtlinge einen persönlichen Ansprechpartner haben, zu dem sie im besten Fall eine Beziehung aufbauen können. Darüber hinaus kümmert sich der Freundeskreis Asyl um das Sammeln, Lagern und Verteilen von Sachspenden.

War der Freundeskreis zu Anfang nur ein Zusammenschluss von Menschen und Organisationen, die sich für Flüchtlinge engagieren willen, wurde mittlerweile ein Verein gegründet, der die Verantwortlichkeiten klar regelt und durch seine Gemeinnützigkeit Spenden einnehmen kann. Eine Mitarbeit beim Freundeskreis Asyl ist nach wie vor auch ohne Vereinsmitgliedschaft möglich. Mittlerweile ist der Freundeskreis Asyl ein „wichtiger Ansprechpartner für die Stadt und für den Sozialdienst für Flüchtlinge der AWO, der im Auftrag des Landratsamts Esslingen die Flüchtlinge betreut.“ Natürlich kooperiert er mit anderen Initiativen und Partnern wie der Volkshochschule, der Stadtbücherei, Kultureinrichtungen und (Sport)Vereinen.

Sowohl die Arbeit der AWO Karlsruhe als auch die des Freundeskreises Asyl Ostfildern zeigen, dass in den Städten und Gemeinden sehr viel positives Engagement rund um die Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, geleistet wird. Ob innerhalb bestehender Strukturen oder in einem neuen Zusammenschluss: Wer helfen will, findet einen Weg, dies auch zu tun.

Wichtig ist, dass solches Engagement aus den Rathäusern und von den kommunalen Gremien unterstützt, wie es die Stadt Ostfildern beim Freundeskreis Asyl vorbildlich gemacht hat.  Natürlich geht es auch um Geld, denn aktive Flüchtlingsarbeit gibt es nicht kostenlos. Deswegen macht es z.B. Sinn, seitens der Kommune einen Topf zur Verfügung zu stellen, aus dem z.B. Eintrittskarten ins Schwimmbad oder eine Busfahrt bezahlt werden können. Wichtig ist auch die Anerkennung für die Arbeit der Ehrenamtlichen. Die Stadt Karlsruhe hat beispielsweise einen Empfang für diese ausgerichtet. Das zeugt von Wertschätzung und bringt Dankbarkeit zum Ausdruck.


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